Im Zuge einer Familienzusammenführung zog Jomana J. mit ihrem Sohn und ihren zwei Töchtern zu ihrem Mann nach Wien. Ein vorübergehendes Zuhause, Unterstützung und noch viel mehr fanden sie im Obdach Handelskai.
Woher und wieso kamen Sie nach Wien?
Wir kommen aus Syrien, aufgrund der Kriegsumstände und vor allem der Angst um die Sicherheit und Zukunft unserer Kinder kamen wir nach Wien und konnten zusammen als Familie ins Obdach Handelskai ziehen. Wieder vereint zu sein, war ein unbeschreibliches Gefühl.
Wie war das Leben im Obdach Handelskai?
Eine wunderbare Erfahrung! Wir waren sicher und gut aufgehoben. In dem Haus leben Menschen aus den verschiedensten Ländern der Welt und interagieren voller Respekt miteinander. Die MitarbeiterInnen waren sehr nett und unterstützend. Bei allem! Meine Kinder machten bei den verschiedensten Aktivitäten mit und haben diese Zeit sehr genossen. Sie haben zusammen mit anderen Kindern gespielt, die Umgebung entdeckt und Deutsch gelernt. Ich kann mich daran erinnern, dass ich neben der Freude über die Sicherheit, die Wiedervereinigung meiner Familie und das Glück meiner Kinder, vom Ausblick auf die Donau überwältigt war. Den vermisse ich!
Wie ist ihr Alltag jetzt?
Nach dem Erhalt des positiven Asylbescheids zogen wir vom Obdach Handelskai in eine gemütliche, ruhige Privatwohnung in der Nähe der Schule meiner Kinder. Als Morgenmensch stehe ich immer früh auf, trinke meinen Kaffee und genieße die Stille, bevor die ganze Familie wach ist. Dann telefoniere ich mit meinen Eltern in Syrien, erledige die Hausarbeiten, bei denen mir meine Kinder oft helfen. Ich koche, lerne, lese und übe Deutsch. Für jeden Tag habe ich eine Lernzeit für uns alle festgelegt. Wir lernen täglich neue Wörter und Sätze und üben zusammen. Oberste Priorität ist, dass wir alle Deutsch und uns gut verständigen können. Dafür gebe ich meinen Kindern zum Beispiel Geschichten auf Deutsch zu lesen.
Was waren die größten Herausforderungen?
Um ehrlich zu sein, besteht die größte und kontinuierliche Herausforderung darin, die Sprache zu beherrschen. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil, um hier leben und kommunizieren zu können. Deswegen hat das Erlernen oberste Priorität. Neue Freunde zu finden war für meine Kinder anfangs schwierig. Aber im Obdach Handelskai und sobald die Schule losging, war das schnell erledigt. Wie das bei Kindern eben oft ist.
Was hat die Corona-Pandemie für Sie verändert?
Neben den Beschränkungen, wie sie alle erlebt haben, hat sich unser Familienalltag stark verändert. Der regelmäßige Schulbesuch fiel aus. Ich war vor Corona jeden Freitag freiwillig als Englischlehrerin für zwei dritte Klassen in der Schule meiner Tochter tätig. Das war ein guter Neustart für meine, durch die Flucht unterbrochene, Karriere als Englischlehrerin. Nachdem die Schule geschlossen wurde, haben wir die gewonnene Familienzeit gut genützt. Wir haben gespielt, Sport gemacht und zusammen gekocht. Die gemeinsamen Aktivitäten haben uns noch näher zusammengebracht, wir konnten uns vom Alltagsstress lösen und unsere Gedanken neu ordnen. Und so manch verborgenes Talent wie z.B. Zeichenkünste wurde entdeckt! ExpertInnen sagen ja, dass Langeweile zu Innovation und Kreativität führt. In unserem Fall stimmte das auch!
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Literatur spielt eine große Rolle in meinem Leben. Denn ich habe Englische Literatur studiert und liebe Bücher. Entspannt am Sofa ein gutes Buch zu lesen, oder einen Kaffee oder Tee zu genießen, kann alles sein, was man braucht, um seine Energien wieder aufzuladen und das innere Gleichgewicht zu erreichen. Manchmal sind die einfachsten Dinge die besten! Als Familie unternehmen wir in dieser tollen Stadt sehr viel. Wir gehen in den Zoo, in Museen oder auch gemeinsam in die Bibliothek, um Büchernachschub zu holen.
Was gefällt Ihnen an Wien besonders?
Dass wir hier zusammen als Familie sicher sind und an einer Zukunft arbeiten können. Ich bin ganz entzückt von Wien mit seinen wunderschönen alten Gebäuden, den Kirchen, den Straßen und Gassen, den Museen, den vielen Grünflächen, dem Vogelgesang, der guten Luft und dem Blick auf die Donau. Oft fühle ich mich wie in einem meisterhaften Gemälde, so schön ist es hier.
Was sind Ihre Wünsche und Ziele für die Zukunft?
Meine Träume für meine Familie sind unbegrenzt. Mein vorrangiges Ziel ist es, dass meine Kinder in der Schule hervorragende Leistungen bringen, ein Studium abschließen und erfolgreiche Mitglieder der Gesellschaft werden. Sie sollen sich auf sich selbst verlassen können und anderen helfen. Ich bemühe mich, mit gutem Beispiel voranzugehen und will wieder als Englischlehrerin arbeiten. Wir wollen unseren Beitrag in Österreich leisten. Allen Flüchtlingen möchte ich sagen: Wir haben wundervolle Talente und Fähigkeiten und können Unterschiede überwinden, uns integrieren und zum Erfolg der Gastgesellschaft beitragen. Ich wünsche allen Erfolg dabei!
Geflüchtete Familien und Alleinerziehende können im Obdach Handelskai in möblierte Wohnungen in einer geschützten Umgebung ziehen. Bei Fragen rund um Asylverfahren, Kindergarten- und Schulplätze, Deutschkurse und mehr steht das Team unterstützend zur Seite. Zusätzlich gibt es ein buntes Programm an Aktivitäten für Klein und Groß.